Die Geschichte der Bergener SPD

Die Anfänge 1919 - 1933

„September 1919" Ins Leben gerufen wurde in Bergen die Unabhängige Sozialistische Partei durch die Genossen Kurzeder Hans und Ludwig. Man stieß hier anfänglich auf sehr großen Widerstand, was einesteils auf die Arbeit der Rechtssozialisten, größtenteils aber auf die völlige Unkenntnis der politischen Lage bei den Arbeitern zurückzuführen ist. Unermüdlich wurde aber agitiert, obwohl den Genossen der Vorwurf wie „unreife Burschen, dumme Jungen“ entgegengebracht wurde. Durch das Hinzuziehen von fremden Arbeitern nach Bergen bekam das Inslebenrufen der Partei schon ein anderes Bild“

Mit diesem Zitat aus dem Protokollbuch der Bergner SPD haben wir zu unserem Geburtstag eingeladen.

Und mit diesen Zeilen beginnt die 90 Jahre alte Geschichte der Sozialdemokratie in Bergen. Im September 1919 gründeten im Gasthaus Hochfelln 16 Genossen die erste Ortsgruppe der USPD.

Und dem letzten Satz des Zitats ist zu entnehmen, dass es vor allem neu Zugezogene waren, die bei der Gründung aktiv waren. Warum sie hier herkamen? Das aus Unterlagen der Maxhütte zu lesen ist, dass zu der Zeit Fachkräfte aus anderen Eisenhütten vor allem aus der Oberpfalz aber auch München und Nürnberg nach Bergen kamen.

Diese Zeilen sind der erste schriftliche Hinweis auf eine sozialdemokratische Partei in Bergen. Das heißt aber nicht, dass es hier nicht schon vorher andere Organisationen der Arbeiterbewegung gab, die versuchten, die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Im Museum Maxhütte hängt die Fahne des Arbeiter-Kranken-Unterstützungsvereins von 1906. Also schon 13 Jahre vorher hatten sich Arbeiter der Maxhütte zusammengetan, legten monatlich einen bestimmten Beitrag in eine gemeinsame Kasse, um daraus im Krankheits- oder Todesfall Kollegen finanziell unterstützen zu können.

Und der Blaue Anger in der Hochfellnstraße war als „Gewerkschaftshaus“ bekannt, in dem Arbeiter der Maxhütte wie in anderen Orten, z. B. Ruhpolding einen Lesekreis gegründet, eine Bibliothek eingerichtet hatten und sich regelmäßig zu Sitzungen trafen. Diese Lesekreise waren damals die einzige Möglichkeit für Arbeiter, sich zu informieren und sich außerhalb der Schule Bildung anzueignen – man kaufte gemeinsam Bücher, las sich gegenseitig vor oder konnte ausgeliehen werden.

Die Gewerkschaft wurde in Bergen früher als die SPD gegründet, von Sepp Riefer Sen. und Hans Schweiger wissen wir, dass sie schon 1908 der Gewerkschaft beitraten.

Es gab einen Konsumverein, der Waren einkaufte und sie zu günstigen Preisen abgab, um damit auch preisregulierend und preissenkend zu wirken.

Aber eine Partei – also eine Organisation, die sich nicht nur an einem bestimmten Arbeitsplatz um die Verbesserung für konkrete Arbeitsbedingungen, sondern die Lebensumstände im ganzen Land kümmerte, die gibt es hier erst seit dem September 1919.

So fing es an, mit 16 Mann – Frauen waren damals noch nicht gefragt.

Seit 1916 gab es 2 sozialistische Parteien, die sich über die Frage der Kriegskredite spalteten, die MSPD, die im Reichstag für die Kriegskredite gestimmt hatte und eine kleinere linke Gruppe, die USPD, angeführt von Eisner, dem späteren Ministerpräsidenten, die gegen die Kriegskredite gestimmt hatten. Die Bergener Sozialisten schlossen sich der USPD an.

16 Gründungsmitglieder, aus denen in wenigen Monaten sehr viel mehr wurden. Eine genaue Zahl wissen wir nicht. Aber im Protokollbuch ist zu lesen, dass bei der dritten Sitzung der Vorsitzende 46 Mitglieder begrüßt und sich als erstes beschwert, dass so wenige gekommen sind – es muss also schon Anfang 20 viel mehr Mitglieder gegeben haben.

1929 werden 33 Mitglieder gezählt. Ursache dafür ist sicher die Schließung der Gießerei in der Maxhütte, dessen Folge war, dass viele Genossen von Bergen fortziehen mussten. 1932 ist die Zahl wieder auf 45 Genossen angestiegen, davon 3 weibliche. Die Anfänge waren intern ziemlich turbulent – wie im Land so auch in Bergen. Allein von Sept. '19 bis Dez. '20 hatte die USP 5 verschiedene Vorsitzende. Über die Ursachen wissen wir nichts. Es ist aber zu vermuten, dass interne Diskussionen über die politische Richtung ein Grund war, dass ständig Maxhüttenarbeiter in andere Eisenwerke versetzt wurden.

Wer waren die Mitglieder der USPD: Sie waren Holzknechte – um nur einige zu nennen, Sepp Riefer Sen., Kaiser Toni und Peter, Hans Schweiger. Holzknechte waren bei der schweren und gefährlichen Arbeit aufeinander angewiesen und organisierten sich schon früh, um ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern, wie man auch im Holzknechtmuseum in Ruhpolding erfahren kann. Vor allem aber waren sie Maxhüttenarbeiter, die Arbeitsplätze in der Maxhütte und die berufliche Organisation in der Gewerkschaft und das politische Engagement bei den Sozialdemokraten bedingten sich gegenseitig. Im Museum Maxhütte hängen ein paar Lohnlisten der Arbeiter, die 1931 dort beschäftigt waren, ich habe sie mit meinen Mitgliederlisten verglichen – bald jeder 2. auf der Lohnliste war Mitglied der USPD. Und es waren beileibe nicht nur die Handlanger – von denen es in der Maxhütte sowieso nicht viele gab, denn dort waren vor allem hochqualifizierte Facharbeiter beschäftigt. Die Mitglieder der USPD waren Facharbeiter, Vorarbeiter, Platzmeister, Gussmeister und Werkmeister. Ein Teil der Gussmodelle, die im Museum ausgestellt sind – wurden von Toni Plenk gefertigt – er war der letzte SPD-Vorsitzende und Gemeinderat – bis zur Machtergreifung der Nazis. Eine dritte Gruppe waren selbständige Handwerksmeister, Schmiede wie Sebastian Grünaug, der im Vorstand als Schriftführer fungierte und dessen Sütterlinbuchstaben im Protokollbuch zu entziffern, mein Mann und ich erst mühsam lernen mussten.

Frauen in der SPD: Erst '31 steht erstmalig der Name einer Frau im Protokollbuch "Kathi Katzmaier", sie wird Revisorin. Eine Funktion wie z.B. auch die der Schriftführerin, die auch heute noch in der SPD typische für Einsteigerinnen angenommen wird. 1932 waren von 45 Mitgliedern 3 davon weiblich. Und selbstkritisch sei angemerkt – sehr viel mehr sind wir Frauen in der Bergner SPD in den 90er Jahren nicht geworden – aber immerhin dürfen wir jetzt mehr als Revisorin werden.

Interne Organisation: Es herrschten strenge Regeln. Anfangs trafen sie sich jede Woche, später einmal im Monat. Regelmäßig jeden ersten Freitag. Wer 3 mal unentschuldigt einer Mitgliederversammlung fern blieb wurde ausgeschlossen. Eine Regelung die sich aber nicht durchsetzte.

Die Finanzen waren ein ständiges Thema: alle Vierteljahre gab es einen Kassenbericht, die Bewegungen in der Kasse waren zahlreich: die Beiträge waren in angesichts der Löhne hoch, 3, – RM Mindestbeitrag für Männer (2,- für Frauen) von Febr. bis Okt '22 stieg der Beitrag von 3 RM auf 12 RM, eine Steigerung um 400% (Febr. '22: 3 RM, Aug '22: 5 RM, Okt '22: 12 RM, Jan '28: 20 RM). Ein Zeichen für die galoppierende Geldentwertung im Reich. Ständig fanden Sammlungen statt – Abgaben an übergeordnete Gremien, Finanzierung der Wahlkämpfe, Einrichtung einer Druckerei, Unterstützung für arbeitslos gewordene Genossen mit einer Spende in Höhe eines Stundenlohns.

Worüber diskutierten sie, wofür setzten sie sich ein: Sie diskutierten über die schwere Lage des Landes und der Arbeiterklasse nach dem verlorenen 1. Weltkrieg – steigende Arbeitslosigkeit, Lebensmittelknappheit, die Wohnungsnot und zunehmende Obdachlosigkeit ganzer Familien und suchten nach Wegen aus der Not:

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Verkürzung der Arbeitszeit, wie einen Zusammenschluss des Proletariats, Gewinnung der geistigen Oberschichten für den Sozialismus, Ausbildung von Betriebsräten, Selbstverwaltung in den Betrieben, Einziehung der Kriegsgewinne, Bezahlung der Reparationsforderungen durch die, die den Krieg verschuldet haben.

Das waren nicht nur theoretische Diskussionen, als Maxhüttenarbeiter waren sie ganz direkt und hautnah betroffen. 1925 schloss die Maxhütte die Gießerei, 1932 kam dann für das gesamte Werk das endgültige Aus. Von 1910-1929 sank die Zahl der Beschäftigten in der Maxhütte von rund 330 Mitarbeiter auf knapp über 100. Viele mussten Bergen verlassen, um anderswo Arbeit zu finden, wurden nach Sonthofen versetzt. Zum Bsp.: Josef Oberauer, 1920 Vorsitzender der SPD, der nach der Schließung der Gießerei 1925 als Schlosser nach Sonthofen versetzt wurde, in der dortigen SPD mitarbeitete und '33 nur deshalb nicht ins Dachauer KZ eingeliefert wurde, weil er kurz vorher den SPD-Vorsitz niedergelegt hatte. Andere gingen nach Peißenberg oder München. Wer da blieb und keine Arbeit am Ort fand, musste als Wohlfahrtserwerbsloser von der Fürsorge der Gemeinde, milden Gaben der Kirche oder den Spenden seiner Parteigenossen leben.

Großen Raum nahmen die Diskussionen über die verschiedenen Inhalte und Strategien der anderen linken Parteien ein.

Sie hatten einen Ortsverein der USPD gegründet, das war die Partei derjenigen, die 1916 im Reichstag gegen die Kriegskredite gestimmt hatten und setzten sich mit den Vorstellungen der MSPD, aber auch der KPD auseinander.

1920 diskutierten sie auf mehreren Versammlungen, ob sie geschlossen zur KPD übertreten sollten und entschieden sich mit einer Gegenstimme dagegen. Daraufhin traten einige Mitglieder zur KPD über. In der Folge berieten sie oft darüber, wie sich die linken Parteien vereinigen könnten und verfassten im August '22 dazu eine Resolution an die Parteispitze.

Im Sept. 1922 war es dann schließlich soweit, die feindlichen Schwestern MSPD und USPD vereinigten sich, um im Kampf für bessere Lebensbedingungen mehr Durchschlagskraft entfalten zu können – die SPD war gegründet.

Sie sprachen über die praktische Politik vor Ort und vertraten ihre Meinung im Gemeinderat. Themen waren Milchpreiserhöhung, die Planung eines Kindergartens für die Maxhütt'ler – der Vorschlag fand keine Zustimmung. Die nötige Erneuerung der Straßen, die Kosten der Straßenbeleuchtung, die Trinkwasserpreise – Themen, die teilweise auch heute noch aktuell wären. Sie beantragten den Einbau einer Zentralheizung im Schulhaus, da die Preise für Brennholz zu hoch seien.

Breiten Raum nahm die Diskussion über die wachsende Arbeitslosigkeit ein. Die geringen Unterstützungsgelder aus der Krisen- und Wohlfahrtsunterstützung und die Möglichkeiten, Erwerbslose in Arbeit zu bringen. Sie schlugen deshalb vor, bei der Vergabe von gemeindlichen Arbeiten die am längsten Erwerbslosen bevorzugt zu beschäftigen, um ihnen eine Verdienstmöglichkeit zu geben und sie wieder in den Arbeitsprozeß einzugliedern. Durch entsprechende Notstandsarbeiten, die von der Gemeinde vergeben wurden, gelang es den 20 der 23 ausgesteuerten Erwerbslosen (die also keinerlei Unterstützung mehr bekamen und als Wohlfahrtserwerbslose auf Almosen und die gemeindliche Fürsorge angewiesen waren) wieder in versicherungspflichtige Arbeit zu bringen.
Aus demselben Grund berieten sie über den Bau einer Autostraße längs der Gebirgskette – die Argumente für den Ausbau der später A8 genannten Straße sind heute zum Glück andere.
Sie schrieben an die Landtagsfraktion, schilderten das traurige Los der Pensionisten und Witwen von Maxhüttenarbeitern und forderten vom Landtag dagegen Schritte zu unternehmen

1932 berieten sie über den Kauf des Hüttenwerkes durch die Gemeinde zum Preis von 25000 RM.

1921 organisierten sie einen Streik – wogegen er sich richtete, ist leider aus den Unterlagen nicht zu ersehen.

Und – sie diskutierten über die Uniformierung der Feuerwehr und gerieten sich über deren Finanzierung in die Haare – die Mehrheit stimmte dafür, die Uniformen auf Kosten der Gemeinde zu beschaffen und nicht der Feuerwehr zu überlassen.

Was machten sie außerhalb der Parteiarbeit miteinander? Sie abonnierten gemeinsam politische Zeitungen wie die „Münchner Post“, hatten eine eigene Bibliothek, aus der sich die Mitglieder Bücher ausleihen konnten, denn alleine hätten sie sich Bücher nicht leisten können – Bildung war damals ein Privileg der höheren Stände und teuer.

Sie machten Ausflüge und feierten Feste. Die Hüttenschänke hatte den Ruf, dass es dort besonders hoch herging und sie das Gasthaus in Bergen wäre, in der der meiste Umsatz gemacht wurde. Dabei überwachte das Auge des Gesetzes die „sozialistischen“ Umtriebe genau. Im August '20 musste der Ortsverein eine Strafe von 4,30 RM wegen der Übertretung der Polizeivorschriften anlässlich der Abschiedsfeier eines Maxhüttenarbeiters bezahlen. Leider war es nicht zu erfahren, welche Vorschriften sie übertreten hatten.

Sie trieben gemeinsam Sport. Zwar gründeten sie nicht wie anderswo Arbeitersportvereine. Aber an der Gründung des TSV waren sie maßgeblich beteiligt, viele TSV-Mitglieder waren Sozialdemokraten. Der erfolgreichste Sportler Bergens, Fritz Heidinger, der '28 bei der Olympiade in Amsterdam im Diskurswurf antrat und '36 in Berlin als Schiedsrichter wieder dabei war – war Dreher in der Maxhütte und 2. Vorsitzender der SPD.

Verhältnis zur Staatsmacht:
Sozialdemokraten hatten es in ihren Anfängen nicht leicht, Mehrheitssozialisten, USPD, KPD, da machte die Obrigkeit oft keinen Unterschied. 1920 wurde in Bergen wie in vielen Orten im Oberland eine mit Handfeuerwaffen ausgerüstete Heimatwehr unter Führung eines Försters eingerichtet, die gegen die Spartakusbewegung also die Kommunisten antreten sollte – zum Glück kamen sie nie zum Einsatz. Je mehr in der Weimarer Republik die politischen Mehrheiten nach rechts wanderten, desto mehr waren Sozialdemokraten wie Kommunisten Repressalien ausgesetzt. Vielerorts galten sie als vaterlandslose Gesellen, wurden kritisch beobachtet und überwacht.

Gemeinderatswahlen: Bereits '21 saßen 3 unbekannte „Sozialisten“ im Bergener Gemeinderat. Bei der Wahl '24 wurde die SPD stärkste Fraktion. Davon sind namentlich bekannt Katzmaier, Plenk, Keller (trat später aus und behielt sein Mandat. 1929 wurde für die Gemeinderats-Wahl erstmalig ein SPD-Bürgermeister-Kandidat aufgestellt, da die SPD in den vergangenen Wahlen ständig steigende Wahlergebnisse erringen konnte. Gottlieb Katzmaier stellte sich zur Wahl. Offenbar wurde die Kandidatur als potentiell gefährlich angesehen, denn einer der Gründe die für Katzmaier angeführt wurden war, dass er in Bergen keinen verwandtschaftlichen Anhang hat. Gleichzeitig beschloss die Gemeinderats-Fraktion, dass Gemeinderäte an Fraktionsbeschlüsse gebunden seien. Außerdem mussten nach den Erfahrungen aus der vorhergehenden Wahlperiode sich die Gemeinderäte verpflichten, bei einem Austritt aus der Partei ihr Mandat zurückzugeben (eine Diskussion, die manchen hier nicht nur aus Bergen auch aus den letzten Jahren bekannt vorkommen wird). Bei der Wahl bekam die SPD 4 Sitze im 10-köpfigen Gemeinderat. Nach mehreren Wechseln wurden im Juli '33 Anton Plenk, Sepp Riefer Sen. Max Speicher und Peter Utzmeier aus den Gemeinderat "entfernt“.

Auseinandersetzung mit den Nationalsozialismus.
Darüber erfahren wir aus dem Protokollbuch wenig. 1928 wird diskutiert, zum Schutz von Wahlveranstaltungen das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold einzusetzen.
Anfang '29 wird erstmalig auf die rege Tätigkeit der Nationalsozialisten hingewiesen, die die Not der Erwerbslosen ausnützten, um Mitstreiter zu werben. 1930 werden für die Wahlveranstaltungen zur Reichstagswahl Verhaltensmaßregeln vorgestellt, um bei Störungen gewappnet zu sein. Der Einsatz sogenannter "fliegender" Sicherheitstruppen einzusetzen, wurde abgelehnt. In den 30er Jahren mehrte sich die Kritik an der Haltung der Reichstagsfraktion gegenüber den verschiedenen bürgerlichen Regierungen. Dem wurde entgegnet, dass die Tolerierung z.B. der Regierung Brüning das kleinere Übel sei mit dem man ein größeres, eine Rechtsdiktatur mit Zerschlagung der Gewerkschaften verhindern wolle. Diese Einschätzung führte zu der Empfehlung an die Mitglieder, bei der Reichspräsidentenwahl '32 Hindenburg zu wählen, um Hitler zu verhindern. Im letzten Protokoll vom Februar '33 wird berichtet, dass die Kreiskonferenz in Traunstein unter Polizeischutz stattfand. Es wird noch zu 2 Wahlveranstaltungen am 26. Februar eingeladen bei einer sollte der Reichstagsabgeordnete Dr. Högner in Traunstein reden.

Am 5. März waren Reichstagswahlen, die NSDSAP erreichte in Bayern 43,1%. Unmittelbar darauf ergriffen die Nationalsozialisten die Macht. Im Juli wurde die SPD offiziell verboten, nachdem schon im März in Bayern die Absetzung aller sozialdemokratischen Gemeinderäte angeordnet worden war. Und so verkündete der Bürgermeister in der Sitzung und ich zitiere aus dem Protokoll der GR-Sitzung vom 24. Juli 1933: „Bekanntgabe durch den Vorsitzenden des Gemeinderats: Aufgrund der durch das 2. Gleichschaltungsgesetz eingetretenen Änderungen haben die vormals der sozialdemokratischen Partei angehörenden Gemeinderäte Anton Plenk, Josef Riefer, Max Speicher und Peter Utzmeier auszuscheiden. „Zitatende!"

Weiter wird bekanntgegeben, dass 2 Mitglieder der BVP sich als Hospitanten der NSDAP-Fraktion angeschlossen haben. Der Vollständigkeit sei berichtet, dass auch 2 SPD-Gemeinderäte später der NSDAP beitraten. Aber keine Häme – keiner von uns weiß, wie er gehandelt hätte, wenn ihm unter der Bedingung, der NSDAP beizutreten nach jahrelanger Erwerbslosigkeit ein Arbeitsplatz angeboten worden wäre, von dessen Erlös er endlich wieder seine Familie ordentlich ernähren konnte.

Über die Jahre im 3. Reich wissen wir nur, dass im Gegensatz zu anderen Orten im Landkreis in Bergen durch die Fürsorge des damaligen Bürgermeisters Verhaftungen und Verfolgungsaktionen weitgehend unterblieben. Das heißt aber nicht, dass alle Bergener von jeder Verfolgung verschont blieben. Der jüngere Bruder von Maria Großglettner (die als heimische Schriftstellerin bekannt ist) wurde verhaftet und ins KZ Dachau gebracht. Und auch der ehemalige SPD-Vorsitzende Walcher saß dort ein, aber wohl weniger, weil er in der SPD, sondern weil er ein euge Jehovas war. Das Protokollbuch wurde von Ludwig Huber im Stadel des Schlackenhauses versteckt und überlebte die Nazidiktatur unbeschadet.

Die weiteren Jahre sind nicht Gegenstand meines Berichtes, deshalb hier nur kurz: Nach dem Krieg wurde die Bayrische SPD im November 1945 neu gegründet und im Januar 1946 von der amerikanischen Militärregierung offiziell zugelassen. Auch in Bergen wurde der Ortsverein 1946 wiederbelebt. 1948 zog mit Rudolf Drescher wieder ein Sozialdemokrat in den Gemeinderat ein. Seitdem ist die SPD eine feste Größe in der Gemeinde. Mehr darüber und über die Nachkriegsjahre bis heute ist jetzt das Thema unseres Vierergesprächs:

Eine völlig undurchsichtige Geschichte ist die Verbreitung von Gerüchten, dass in Bergen Arbeiter der Maxhütte Geiseln genommen hätten. Nach Rücksprachen mit der Gendarmeriestation Siegsdorf und dem Grenzschutzkommando Traunstein, die keinerlei Informationen hatten, wird der Fall als erledigt betrachtet.