Politischer Jahresrückblick der SPD Bergen

Wie in all den Jahren zuvor war die Adventsfeier der Bergener SPD nicht nur besinnlich sondern auch handfest politisch. Und wie jedes Jahr war dazu die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Bärbel Kofler als Referentin eingeladen.

Schon in der Einladung hatte die Vorsitzende Monika Berlitz angesprochen, dass es um die Menschenrechte weltweit nicht gut bestellt sei, die Demokratie immer mehr in die Defensive gerate und sich stattdessen Populismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit breit machten. Themen, mit denen sich Bärbel Kofler in ihrer neuen Funktion als Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung ständig auseinandersetzen müsse.

So begrüßte Monika Berlitz die Referentin mit der Bitte, nicht nur einen Jahresrückblick zur Bundespolitik zu geben, sondern zusätzlich auch auf die weltweite Entwicklung der Menschenrechte und die wachsende Fremdenfeindlichkeit in unserem Land, die unsere Gesellschaft zunehmend spalte, einzugehen.

Bärbel Kofler begann Ihre Ausführungen mit einem kurzen Blick auf die Entwicklung in Italien nach dem abgelehnten Referendum zur Verfassungsänderung. Sie sei besorgt, dass das Land in eine Krise abgleiten könnte, da dort mehr und mehr „Antipolitiker“ das politische Geschehen bestimmten, die das Volk mit antieuropäischen Parolen emotionalisierten. Dagegen werde es immer schwerer die Menschen mit Fakten zu überzeugen.

Dies zeige sich auch bei uns in Deutschland, wo Populisten mehr und mehr Anhänger gewinnen. Die Sacharbeit in der Regierung und die ganz beachtliche Erfolgsbilanz der SPD in der großen Koalition - wie die Einführung und Erhöhung des Mindestlohnes auf 8,84 €, die Regulierung von Zeit - und Leiharbeit, die steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden um bis zu 285 € im Jahr, das Bundesteilhabegesetz, das für Behinderte eine wesentliche Besserstellung bringt, die Pflegereform, durch die jetzt auch Demenzkranke Hilfe in Anspruch nehmen können - finden leider wenig Beachtung.

Stattdessen wurde die politische Diskussion des vergangenen Jahrs von ganz anderen Ereignissen wie etwa den Vorfällen der Silvesternacht in Köln und den Konsequenzen für die Sicherheits- und Flüchtlingspolitik bestimmt. Ein weiteres großes Thema im vergangenen Jahr war die zunehmend EU-kritische Entwicklung in vielen Ländern der EU, die zum Brexit –Beschluss in England geführt habe. Ebenso kritisch zu sehen seien neben dem Ergebnis des Verfassungsreferendums in Italien die Situation in Polen und Ungarn, die politisch labile Lage in Spanien oder die immer schwierigere Lage in Griechenland, nicht zu vergessen die Wahl eines Populisten zum zukünftigen amerikanischen Präsidenten.

Mit Blick auf die Entwicklung in der EU - so Bärbel Kofler - werde deutlich, dass Europa ein neues finanzielles Konzept und ein neues Wertesystem brauche. Die bislang vor allem von Deutschland geforderte Sparpolitik werde den Problemen der Südländer mit ihrer immensen Jugendarbeitslosigkeit nicht gerecht. Und bei der Diskussion um die Verteilung der Flüchtlinge in der EU werde deutlich, dass fundamentale europäische Werte wie Nächstenliebe und Solidarität nur noch wenig zählten.

Die Durchsetzung dieser Ziele werde immer schwieriger, da in allen Mitgliedsländern die Ausländerfeindlichkeit stark zunehme, wobei vor allem die sogenannten sozialen Medien eine unheilvolle Rolle spielten. Hier würden zunehmend Drohungen gegen Andersdenkende ausgestoßen und Falschmeldungen in die Welt gesetzt. Eine Gegenöffentlichkeit herzustellen sei äußerst schwierig, denn „Lügen verbreiten sich anders als die Wahrheit“ – so Bärbel Kofler.

Einig war sich die Versammlung, dass zur Abwehr der populistischen und ausländerfeindlichen Strömungen ein breites gesellschaftliches Bündnis aus Kirchen Gewerkschaften, Parteien und demokratischen Gruppierungen zustande kommen müsse. Gerade die Kirchen - besonders vertreten durch die katholischen Kardinäle Marx und Schick sowie den Ratsvorsitzenden der evangelischen Kirche Bedford-Strohm - hätten in den letzten Monaten mit der notwendigen Deutlichkeit gegen ausländerfeindliche Bestrebungen Stellung bezogen und an die christliche Nächstenliebe erinnert.

Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrages von Bärbel Kofler und der anschließenden Diskussion war die Bekämpfung der Fluchtursachen. Kofler wies darauf hin, dass nach Erhebungen der UNO weltweit ca. 65 Millionen Menschen auf der Flucht seien. Diese stünden aber keineswegs alle vor den Toren Europas. Viele von ihnen lebten heute in anderen Gegenden ihres Heimatlandes oder in Nachbarländern. Viele – gerade aus dem Bürgerkriegsland Syrien - seien auf dem Sprung nach Europa und würden das Risiko einer Flucht über das Mittelmeer in Kauf nehmen, da ihre Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern im Libanon, in der Türkei und Jordanien katastrophal seien. Der Bedarf an humanitärer Hilfe in diesen Lagern habe sich von 2012 bis 2016 auf ca. 22 MRD € verdoppelt. Das sei viel, aber gemessen an den Milliarden, die die EU für die Bankenrettung bereitgestellt habe, gut angelegtes Geld.

Nach einer spannenden Diskussion, in der besonders die politische Situation in Deutschland angesprochen wurde, endete die Veranstaltung mit dem gemütlichen Teil .